Clear Green Vinyl

Clear Green Vinyl

The question isn't "What are we going to do?", the question is "What aren't we going to do. (Ferris Bueller)

Freitag, Mai 12, 2006

Radiohead - OK Computer

Radiohead - OK Computer

(1997 / Parlophone Records / 2 x 12" Vinyl)

Schon bevor ich meine ersten Zeilen hier schreibe weiß ich, dass ich diese Rezension in ein paar Wochen oder, wenns gut kommt, in ein paar Monaten wahrscheinlich schonwieder ganz schlimm finden werde. Denn erstens war es selten so schwer einem Album in einem Review gerecht zu werden und zweitens ist es absolut unmöglich auf alle nennenswerten und begeisternden Fakten dieses Albums einzugehen. Und wahrscheinlich habe ich in 6 Wochen wieder neue Aspekte an OK Computer entdeckt (wie eigentlich bei jedem neuen Hördurchgang) die ich für eigentlich absolut essentiell für eine Rezension halte, die aber hier noch unerwähnt sind. Und das wird ganz sicher passieren, denn der Sound ist so dermaßen opulent texturiert (aber nicht überladen!), dass es zwangsläufig schwierig wird, auch nach dem 250ten Durchlauf nicht noch neue Fassetten zu entdecken. Und auch wenn ich diesen Anspruch in meinem Blog ja nicht unbedingt habe, es wird mir extrem schwer fallen, bei OK Computer wenigstens ein bischen objektiv zu bleiben, denn dieses Album und in gleicher Weise auch sein Nachfolger Kid A waren für mich, besonders als Musiker, eigentlich die bisher größte Inspiration überhaupt. Ich habe in wochenlanger Kleinstarbeit versucht die Details des Jonny Greenwood-Gitarrensounds mit meinen Effektpedalen zu kopieren und habe Songs wie Paranoid Android oder Subterrenean Homesick Alien in ihrer Drei-Gitarren-Komposition und ihrer unglaublichen Präzession geradezu studiert! Die Platte steht wie ein gut gehüteter, oft bewunderter Schatz im Regal. Das Artwork begleitet mich in meinem Arbeitszimmer, sowie im Büro. Nach dieser LP musste ich Radiohead um jeden Preis live sehen und wäre bei beiden Konzerten (2003 in Berlin und Hamburg) am liebsten in die Waynes World-"Ich bin unwürdig!"-Pose verfallen. Ein Platz unter den ewigen Top 10 meiner Lieblingsplatten ist ihr seit Jahren garantiert und wird ihr wohl auch immer sicher sein. Was kann man jetzt noch sagen? Genug! Zumal man bei derartigen Klassikern ja wirklich oft nur noch sagt "Klassiker, den brauch ich gar nich mehr hören!" und sich niemand mehr so richtig an das Album als Gesamtwerk erinnert (meiner Meinung nach so passiert bei z.B. Dark Side of the Moon, The Queen is Dead, Nevermind und unzähligen anderen).

Wer immer noch behauptet, in den 90ern hat es keine gute Musik gegeben und wehmütig auf die 60er schaut, der hat OK Computer wohl verschlafen. Wobei das wohl kaum möglich ist, denn sofort nach dem Erscheinen überschlugen sich die Kritiker (zu Recht!) mit Lobpreisungen und Superlativen (bis heute!). Ein allumfassendes Meisterwerk sollte es sein, ein opulentes Konzeptalbum in der Tradition von Pink Floyd (naja...) und natürlich absolut unverzichtbar für "Music Lovers". Und gewissermaßen hatte doch jeder Recht mit seiner Ansicht, auch die, die OK Computer eine gewisse Entrücktheit und Weltfremdheit unterstellten oder die, denen das alles zu sehr ausgeschmückt war. Diese Leute wollten Radiohead wahrscheinlicher lieber als neue U2 sehen (Gott bewahre!) und hatten vermutlich mit einem milderen Nachfolger zu The Bends gerechnet. Dass die Platte trotzdem abhob ist einfach mal das erstaunliche Beispiel dafür, dass gute, auch komplexe und durchaus "schwierige" Musik, beim Mainstreampublikum ankommen kann. Produzent Nigel Goldrich, der das Album in einem einsamen, gespenstigen Herrenhaus aufnahm (buhuu!), wurde danach nicht nur für Radiohead zum Stammproduzenten, sondern auch für andere Künstler wie Beck, dessen Sea Change er veredelte, zum visionären Supervisor - wobei natürlich immer umstritten bleibt, wieviel ein Produzent nun wirklich zum Album beiträgt. Aber allein schon, die Band zu diesem Sound anzutreiben ist ein Verdienst für sich. OK Computer gilt seither als Blaupause für Bands wie Coldplay, Keane oder die neueren Modest Mouse, die aber nie wirklich den Kern treffen und vermutlich auch nie so brilliante Songs schreiben werden.

Die LP hat eine der besten A-Seiten, vielleicht sogar die beste A-Seite in meinem Plattenregal. Airbag ist als Opener in seiner Opulenz schonmal ein kleiner Reiz-Supergau und für mich eigentlich schon einer der besten Songs des Albums, obwohl er bei den Kritikern aus irgendeinem Grund immer untergeht. Dabei fällt die Band hier dermaßen von was ins Haus! Ein Jahrhundertriff, ein dramatischer Aufbau, allerhand Sirren und Summen, eine ganz tolle Gesangsmelodie, 3 Gitarren, man hört jedes einzelne Instrument. Dann auf einmal ein Break...Scratches! Nur ein paar, aber nichtmal unpassend. Die Greenwoods spielen sich um ihr Leben. Man hört wirklich die Arbeit die hier drin steckt, der Wille zum Innovativen, aber nicht unbedingt gekünstelt sondern eben einfach gewollt! Sofort im Anschluss (getrennt durch ein Filmstreifen-4-3-2-1-Klickern) dann Paranoid Android (der Titel ist ein Tribut an Marvin den suizidalen Roboter aus The Hitchhikers Guide to Galaxy - i may be paranoid, but not an android)- ein absoluter Publikumsfavorit und gleichzeitig die erste Single des Albums! Aber wieso denn Single? Ein derartiger Brocken von einem Song! Manische Piepsstimme in der Strophe, ein wahnsinniger Break, ein gregoranischer Chor hinter Yorkes apokalyptischen Zeilen im Schlussteil. Nachgewießenermaßen waren das hier mal 3 einzelne Songs, zusammengefügt zu einem Ganzen. Aber nicht patchworkmäßig! Man hat das Gefühl in diesen über 6 Minuten ist alles am richtigen Platz. Wenn es sich eine Band leisten kann derartig geniale Riffs wie das Anfangsriff des Mittelstücks gerade mal für ein paar Sekunden zu benutzen, wobei andere Bands daraus ganze Songs machen würden, womit ist dann bei ihnen eigentlich nicht zu rechnen? Subterrenean Homesick Alien ist dann etwas zurückgelehnter aber nicht weniger spektakulär. Die Leadgitarre klingt ziemlich nach einem Keyboard, wird aber eigentlich nur durch einen heftigen Flanger verstärkt. Und wenn Greenwood am Ende der 2ten Strophe nochmal fuzzverzerrt zurückschlägt und sich trotzdem irgendwie im Hintergrund hält, brauch er mir überhaupt nichts mehr zu beweisen (macht er natürlich trotzdem noch im Verlauf des Albums!). Jetzt kann man entweder die ersten 3 Songs noch 5 mal hören damit man ansatzweise diese Schönheit begreifen kann (manmanman bin ich heute pathetisch ;-), oder man dreht auf Seite B und wird von einer leisen Akustikgitarre begrüßt - Exit Music (for a Film). Noch so ein absolut brillianter Song und Klassiker der sich langsam steigert und am Ende klingt wie ein schlimmes Märchen. Laut Yorke damals der erste Song mit dem er zu 100% glücklich war. Let Down und Karma Police sind nochmal zwei Musterbeispiele dafür, dass Radiohead hier ganz und gar kein politisches Album geschrieben haben das ihnen ja gelegentlich unterstellt wird, sondern nur einen sehr sehr schrägen und zynischen Blick auf die Gesellschaft und deren Zukunft haben. Die Karma Police soll dann wohl auch ein Tribut an Orwells 1984 sein (schlussfolgere ich jetzt mal so - this is what you get when you mess with us). Und wieder ist es ein Rätsel wie so ein Song in die Charts kommt. Zwar eine durchaus schöne Melodie, aber durch seine trocken hackenden Drums so dermaßen ruppig produziert, dass es eben eigentlich nicht zum Hit taugt. Und dann auch noch das Wort Hitler im Text! (- auch zu empfehlen: das undurchschaubare Video, zu finden auf der DVD 7 Television Commericals). Seite C fängt beginnt mit der fast schon zu offensichtlichen Gesellschaftskritik Fitter Happier. Vor einer verstolperten Pianomelodie spricht eine Computerstimme ein paar Zeilen (now self-employed, concerned (but powerless), an empowered and informed member of society (pragmatism not idealism), will not cry in public...). Der Track sorgte für Gerüchte, Radiohead würden darauf mit Stephen Hawkin zusammenarbeiten (ah...haha!) und ist laut Kritikermeinung der verzichtbarste Track auf OK Computer. Die Band sieht das wohl anders. Das darauffolgende Electioneering ist für Jonny Greenwood schon eher der Dunkelpunkt ("It's just guitar noise...") den er vom Album tilgen würde. Und Noise ist es tatsächlich. Zusammen mit dem 9ten Track, dem düsteren Climbing up the Walls, ist es wohl der, naja, anstrengendste Track auf dem Album. Aber ich würde im Gegensatz zu Greenwood gar nichts an dem Album ändern! Es ist perfekt so wie es ist. Und diese beiden Tracks sind einfach wundervoll. Wenn auch wundervoll krank, schräg, laut, herrausfordernd. Danach brauch man erstmal eine Pause. Und hier fällt einem auf wie perfekt das Album dramatisiert ist, denn Seite D ist richtiggehend leise! Die zuckersüße Xylophon-Melodie vom superben aber textlich nicht besonders zimperlichen No Surprises (a job that slowly kills you) hängt einem noch in den Ohren wenn Lucky das erste und einzige mal auf dem Album zur ganz großen Geste ausholt (U2 hätten an dieser Stelle des Albums schon 54 mal gezeigt was für gute Christen sie sind)...und es völlig passend ist! Ganz toller Song! Und zum abschließenden The Tourist muss man einfach noch mal die Entstehungsgeschichte erzählen. Die Legende sagt, dass Jonny Greenwood den Song allein an einem Nachmittag in Paris, als er die Touristen dabei beobachtete, wie sie ohne einen ruhenden Blick auf die Sehenswürdigkeiten durch die Stadt hetzten (hey man, slow down!) schrieb. Und dementsprechend klingt hier alles furchtbar romantisch und verschlafen. Der reduzierteste Song des Albums und auch einer der Schönsten. Tja was soll ich jetzt noch sagen? Man kommt sich ja fast schon wie ein kleines Schulmädchen vor, das Album so in den Himmel zu loben, aber was will man machen? So, und jetzt anhören bitte!

Ach halt, noch der obligatorische Vinyl-Bewertungs-Absatz! Ja ich könnte jetzt nochmal ganz viel schreiben über eines der schönsten Covers und Artworks (wieder produced by Stanley Donwood und Thom Yorke) überhaupt. Über die Inner-Sleeves auf denen man jedes noch so kleine Detail analysieren könnte. Das Klappcover in dem sogar die Textanordnungen Rätsel aufgeben (der Airbag-Text als Panzer formatiert?! Oder täuscht man sich da nur?). Die perfekte Anordnung von jeweils 3 Songs auf allen Seiten. Die seltsame Erhabenheit die dieses simple Stück Pappe und Vinyl ausstrahlt! Und ihr ahnt es schon...

Rating - 10 / 10
Vinyl-Rating - 10 / 10

- CGV -

Mittwoch, Mai 10, 2006

Radiohead - The Bends

Radiohead - The Bends

(1995 / Parlophone Records / 12" Vinyl)

Es gibt nur wenige Bands denen ich für eine Platte eine glatte 11 verleihen möchte. Radiohead gehören auf jeden Fall dazu - aber nicht mit diesem Album. Denn obwohl die Medien es nach deftiger Schelte beim Erscheinen neuerdings zum frühen Meisterwerk der Band hochstilisieren (z.B. Platz 110 der 500 Greatest Albums of All Time im Rolling Stone weit vor Kid A - und das nach einer damaligen 2 von 5-Sternen Bewertung!), fehlt mir hier noch ein bischen die Identität und das Unverwechselbare, das Radiohead später ausmachen sollte. Man muss natürlich zugeben, dass die Platte für ein zweites Album (nach dem eher durchwachsenen aber durchaus mit einigen Highlights bepackten Debüt Pablo Honey) doch ziemlich erwachsen klingt. Aber romantisiert man bei anderen Bands die Spontanität und Frische ihrer Anfangstage, vermisse ich bei The Bends doch gerade das Durchkomponierte, das nie zuvor gehörte, die Suche nach Neuem, derer sich Radiohead schon auf dem Nachfolger und absoluten Meilenstein OK Computer verschrieben hatten. Und auch heute noch scheint sich die Band der Zwiespältigkeit dieser Platte bewusst zu sein. Werden absolute Klassiker wie Just oder Planet Telex noch immer live gespielt, redet über Songs wie Sulk heute keiner mehr. Und damals?

Zynisch bis aufs Mark durch die Medienreaktionen- und Reduktionen auf den Hit Creep (den sie danach lange lange nichtmehr live spielen wollten), machte man sich Ende 1994 an die Aufnahmen von The Bends. Zynisch durfte man auch sein, war doch vorallem Sänger Thom Yorke Zielscheibe der Medien (und wir wissen ja, wie es so ist mit den britischen Medien) die aus ihm einen (imagemäßig) zweiten Cobain machen wollten. Das Fass zum überlaufen brachte schließlich ein Artikel im NME in dem Yorke einige eindeutige Vergleiche im Zusammenhang mit kurz vorher verstorbenen Nirvana-Sänger ertragen musste und indirekt bereits auch sein Tod prophezeit wurde (wohl anhand der nicht gerade erbaulichen Lyrics der meisten Radiohead-Songs). Doch später wusste man: je mehr Isolation, je mehr Rückzug, desto besser für eine Radiohead Platte. Und auch wenn es im ersten Absatz vielleicht Anderes vermuten lässt, dieses Album ist schon wahnsinnig gut! Der Opener Planet Telex, von Yorke angeblich nach einer nächtlichen Kneipentour etwas besäuselt eingesungen, vermittelt eine selten zur Schau gestellte Leichtigkeit und könnte auch die abgespeckte Version eines OK Computer-Songs sein. Vorallem zeigt er Yorkes Stimme erstmals so ausgebildet, wie sie bis heute diskutiert wird. Ist sie jetzt quäkig nervend oder klassisch genial? Der folgende Titeltrack schlägt dann eher in die Kerbe des Vorgängeralbums und manifestiert Radiohead hörbar als 3-Gitarren-Band - man könnte fast ketzerisch sagen: Stadion-Rock...naja aber nur ein kleines Stadion! Das schon von einer vorhergehenden EP (sehr empfehlenswert!) bekannte My Iron Lung schlägt in eine ähnliche Kerbe. High and Dry klingt in meinen Ohren dann schon weniger spannend und mit Black Star, Nice Dream und Sulk verliert sich die Band doch schon etwas im unpointierten Gesäusel. Die gewisse Faszination, die Aura die sich Radiohead später aufgebaut haben, fehlt hier eben. Aber sie arbeiten daran: Fake Plastic Trees, Just und Street Spirit (Fade out) sind 3 absolute Klassiker und ziehen das Album aus dem "Schön aber hör ich relativ selten"-Pool. Mit Just machte sich Jonny Greenwood im Handumdrehen vom unauffälligen Lead-Gitarristen mit den komischen Haaren zum Gitarrenhelden einer ganzen Generation (und später zum kongenialen Multiinstrumentalisten und schüchternen Publikumsliebling der die Band auf neue Pfade führen sollte). Eine derartige Dichte an genialen Passagen gepaart mit Yorkes nonchalantem Gesang - genau die richtige Mischung aus "alten" und "neuen" Radiohead. Und Street Spirit ist schließlich das erhabene Schlussstück und deutet unnachgiebig in Richtung Zukunft. Auf einmal klingen Radiohead kernig, sie bündeln ihre Stärken und schreiben mit dieser simpel-genialen Melodie (die wahrscheinlich jeder schonmal gehört hat) sogar einen Single-Hit. Diese Songs sind wohl der Grund dafür, dass nicht wenige Fans The Bends sogar als ihr Lieblingsalbum nennen. Doch dass ich, während ich diese Rezension schreibe, schon darüber nachdenke, wie ich OK Computer oder Kid A beschreiben würde, spricht für sich. Aber andersrum: Spricht es nicht für eine Band, wenn sie ein so geniales Album wie The Bends noch toppen kann?

Die schwere, schwarze 12" kommt im einfachen Schuber, hat aber ein dickes bedrucktes Innersleeve. Das Cover, ein Thom Yorke Crash Test Dummie, wurde zwar erstmals von Haus-und Hof-Designer Stanley Donwood in Zusammenarbeit mit Yorke entworfen und sieht angemessen merkwürdig aus, aber der Rest des Designs ist leider eher eine zusammengewürfelte Grundschul-Collage ohne Zusammenhang. Trotzdem schöner als so manch andere Platte.

Rating - 9 / 10
Vinyl-Rating - 8 / 10

- CGV -

Sonntag, Mai 07, 2006

Aphex Twin - Come to Daddy

Aphex Twin - Come to Daddy

(1997 / Warp Records / 12" Vinyl)

Wenn sich die Mathcore-Könige von The Dillinger Escape Plan mit Mr.Bungle/Fantomas-"Sänger" Mike Patton zusammentun um eine Coverversion aufzunehmen, dann ist Schlimmes zu befürchten. Und man kriegt tatsächlich Schlimmes. Doch wenn es diese Coverversion, ich spreche von ihrem Track Come to Daddy, zu finden auf der 2002er EP Irony is a Dead Scene, nicht mal annähernd schafft das Original an Wahnsinn und Überdrehtheit zu erreichen und es stattdessen dagegen sogar recht handzahm wirkt, dann kann da wohl was nicht stimmen. Und es scheint tatsächlich etwas nicht zu stimmen mit Aphex Twin.

Um sich in der unglaublich undurchsichtigen Welt des Richard D. James orientieren zu können muss man schon einiges tun. Man muss sich durch seine unzähligen Pseudonyme kämpfen (Aphex Twin, AFX, Polygon Window, Caustic Window, Power Pill, Gak, Bradley Strider, Q-Chastic, usw.), steht zahllosen Musikstilen gegenüber (von reinem Ambient über relativ klare Drum&Bass-Stücke bis zu extrem verhaspelten Acid-Techno-Tracks und minimalistischen Piano-Überbleibseln) und brauch einfach mal eine hohe Toleranzschwelle, denn, mit Verlaub, einiges was der mitlerweile 35jährige Ire in seiner 15 Jahre weilenden Laufbahn produziert hat ist einfach unhörbar. Auch sollte man nicht unbedingt Anspruch darauf erheben irgendwann eine lückenlose Aphex Twin Vinylsammlung zu haben, denn trotz längerer Pausen ist James für seine Veröffentlichungswut bekannt (aktuellstes Beispiel: die letztjährige Vollendung der 11-teiligen 12" Vinyl Serie Analord, eine Reihe von Singles die ausschließlich auf analogem Equipment entstanden sind). Einen kleinen Überblick über seine Discography gibts hier. Aber wo jetzt anfangen? Seine wohl populärste Single und meiner Meinung nach auch ein sehr guter Einstiegspunkt ist Come to Daddy. Im CD Format eigentlich eine EP mit immerhin 8 Tracks, würde ich die auf 4 Songs gestutzte Vinyl-Variante eher schon Single nennen, auch wenn keiner der Tracks auf einem seiner Alben zu finden ist. Dass ausgerechnet der Titeltrack die Aufmerksamkeit des Mainstream-Publikums auf sich zog hat wohl einerseits mit dem mehr als bizarren Chris Cunningham-Video zu tun, dass man einfach nicht übersehen kann. Andererseits hat der der Song mit seinem verzerrten Gitarrenriff durchaus Crossover-Potential, so abgeschmackt das jetzt auch klingen mag. Und obwohl James in Underground-Kreisen schon nach kurzer Zeit einen Legendenstatus inne hatte, betrachtete er seine wachsene Popularität eher mit gemischten Gefühlen - vorallem in Bezug auf diese Single ("Come to Daddy came about while I was just hanging around my house, getting pissed and doing this crappy death metal jingle. Then it got marketed, and a video was made, and this little idea that I had, which was a joke, turned into something huge. It wasn't right at all."). Ganz so abnehmen mag man ihm das aber nicht, denn auch wenn James die durcheinanderwirbelnden Drum-Patterns wahrscheinlich im Vorbeigehen produziert, hört man dem Track seine Arbeit und die schier brilliante Komposition an. Aber irgendwo auch verständlich: Plötzlich glaubte jeder das Warp Label wäre sowas wie ein heiliger Schrein der ausschließlich innovative Wunderwerke der "Intelligent Dance Music" (wieder so ein eigenartiger Begriff) beheimatet. Absolut unverträgliche Künstler wie Squarepusher oder Boards of Canada bekamen ihre 15 Minuten Ruhm und machten danach weiter das was sie auch bisher gemacht hatten - einfach elektronische Musik. Die restlichen Tracks auf Come to Daddy zeigen dann nochmal Aphex' ganze Bandbreite, wobei besonders Flim der extreme Gegenpart zum Titeltrack ist. Bucephalus Bouncing Ball klingt schließlich eigentlich genauso wie man es sich bei dem Titel vorstellt und ist in seiner Stilvielfalt gewissermaßen eine kleine Zusammenfassung von James' Schaffen. Es mag bessere Arbeiten von Aphex Twin geben, der nächste Anlaufpunkt wäre die von mir vergötterte Girl/Boy-EP, aber einen besseren und spannenderen, ja überwältigenderen Ansatzpunkt als Come to Daddy wird man so schnell nicht finden.

Das Cover ist natürlich Geschmackssache, stellt sich aber als absolut bezeichnend für diese Scheibe heraus. Auf der Rückseite gibts in großen Lettern nochmal alle Songtitel. Ein einfaches Sleeve beherbergt diese schwarze 12". Der Klang ist angemessen wuchtig und laut. Gibts nichts zu meckern.

Rating - 8,5 / 10
Vinyl-Rating - 7,5 / 10

- CGV -

Freitag, Mai 05, 2006

Belle & Sebastian - I'm waking up to us

Belle & Sebastian - I'm waking up to us

(2001 / Jeepster / 7" Vinyl)

Belle & Sebastian sind eine der wenigen Vertreter, die heute noch wissen, was eine Single bedeutet. Beziehungsweise, was sie früher bedeutet hat. Die Ursprünge des Tonträgers liegen nämlich (zumindest im Pop-Bereich) nicht bei der LP sondern bei der Single. Ob für ein paar Cent im Diner in der Jukebox mit 78 Umdrehungen oder zuhause neben dem Bett mit 45 rpm - Singles waren wichtig und überall zu finden! Und selbst als sich die LP Ende der 50er / Anfang der 60er immer mehr durchsetzte und der Kleinkrieg zwischen 7" und 12" durch Plattenspieler die beide Formate beherrschten beigelegt wurde, veröffentlichten die meisten Künstler (z.B. die Beatles, die den LP-Trend ja maßgeblich mitgeprägt hatten) ihre besten Songs ausschließlich auf dem Kleinformat. Man denke mal an Klassiker wie Hey Jude, die nie auf regulären Alben erschienen sind und erst Jahrzehnte später auf Greatest Hits Sammlungen wieder auftauchten. In den 80ern expandierte die Single dann plötzlich auf 12", häufigerweise um unnötige Extendend-Mixe für faule DJ's unterbringen zu können. Schließlich kam die CD und den Rest kennt man ja. Die 7" war quasi ausgestorben und nach diesem Super-GAU sollte es lange keine vernünftige Vinyl-Szene mehr geben. Doch seit Mitte der 90er erlebt die 7"-Single vorallem in Großbritannien ihre Renaissance in kleinen bis mittelgroßen Auflagen (auf anderen Teilen des Erdballs bleibt sie aber trotzdem weitestgehend tot).

Belle & Sebastian sind nun schließlich eine Band, die Singles nicht nur als Auskopplung zum Zweck der Album-Promotion nutzt, sondern, wie in alten Zeiten, als eigenständiges Medium mit gänzlich neuem Material. Tatsächlich hat die Band seit 1997 in strenger Regelmäßigkeit insgesamt 8 Non-Album-EP's veröffentlicht und wischen von dieser Routine erst mit der 2004er Single I'm a Cuckoo ab, bei der lediglich die B-Seite exklusiv war. Nun kann man sich natürlich vorstellen, dass die Kleinformate aus den Anfangstagen einer derartigen Liebhaberband horrende Summen wert sind, doch an die zuletzt veröffentlichten Exemplare kommt man noch relativ gut ran. Und so hat sich nun auch bei mir eine stattliche Anzahl an Belle & Sebastian 7"s eingenistet. Und man muss es so sagen: sie sind alle wunderbar! Mein Liebling ist aber I'm waking up to us! Und damit meine ich nicht nur meinen Liebling von dieser Band, sondern meinen Singleliebling schlechthin! Angefangen beim putzigen Hundecover mit Bandgeigerin Sarah Martin und dem kleinen Beagle (auf der Rückseite kuschelt Ex-Säuselsängerin Isobel Campbell einen West Highland Terrier) über den seichten Glanz der Hülle bis zu, natürlich, den Songs. Hier darf die "zweite Riege" der Band mal nach vorn. Der Titeltrack hat eine ganz eigene Art sich an die Dinge heranzutasten bevor dann die volle Violinenbreitseite einsetzt (vielleicht deswegen Sarah auf dem Cover?) und den Song davonträgt. Ist das melodiös! Auf der B-Seite I love my Car sind es dann wiederrum die Bläser die den Song dominieren. Ich könnte diesen Song 100 mal hintereinander hören und er würde mich nicht langweilen oder nerven (und das trotz des relativ anstrengenden Trompetenarrangements das fast schon an der Free Jazz-Grenze kratzt!). Man hat das Gefühl, die 5 Minuten und 14 Sekunden die der Song läuft, würden wirklich nur Stuart Murdoch gehören, der hier einfach mal die beste Gesangsperformance seiner Laufbahn gibt. Und dann kommt hier auch noch eine der besten Gesangszeilen aller Zeiten zu Ehren: "I love my Carl, I love my Brian my Dennis and my Al, I could even find it in my heart to love Mike Love". Und wer die verbliebenen Rest-Beach Boys (und eben speziell Mike Love!) ebenfalls bei ihren peinlichen Full House-Auftritten als alternd Witzfiguren gesehen hat, kann ihn sicher verstehen. Zwei der besten Belle & Sebastian-Songs überhaupt - und wieder eine 10!

Zur Vinylaufmachung habe ich ja eigentlich schon alles gesagt. Schöne Hülle, einfacher Einschub. Ich hätte mir vielleicht noch einen 10-Fach-Schuber mit je einer Single gewünscht, damit man die eine, die man ja leider in Wirklichkeit nur hat, nicht so schnell runterhört. Doch es muss auch so gehen. Genug jetzt. Perfekt!

Rating - 10 / 10
Vinyl-Rating - 8 / 10

- CGV -

Donnerstag, Mai 04, 2006

Adam Green - Friends of Mine

Adam Green - Friends of Mine

(2003 / Rough Trade / 12" Vinyl)

So schnell kanns gehen. 2003 von mir noch hoch gelobt und vor Ungläubigen bis aufs Blut verteidigt, findet sich Adam Green im CGV Jahrespoll 2005 plötzlich auf Platz 1 der nervtötendsten Platten wieder - eine Entscheidung die vorallem mit dem minderwertigen Songmaterial auf Gemstones und der nervenzerrenden Medienpräsenz von Green zu tun hatte. Und um es mal vorwegzunehmen: Der Medienrummel hat dem Vorgänger Friends of Mine rückwirkend nicht gerade gut getan. Plötzlich entlarvte man Green als Schwätzer, als kleinen Trottel, dessen Texte auf Gemstones schließlich noch pubertärer wurden als die ohnehin schon grenzwertigen Lyrics der Vorgänger (der zweifelhafte Höhepunkt war der gnadenlos dümmliche Reim von Carolina auf Vagina.....hoho.). Das Bittere ist, dass Green an sich ein ordentlicher Musiker ist. JA! Tatsächlich. Beim albumbegleitenden Dresden Konzert 2003 brachte er eine durchaus würdige Version von Crystal Ship (im Original auf dem Doors Debüt Album von 1967). Und auch hatte man den Eindruck, eine gewisse Restwürde, die noch nicht an das MTV-Publikum verkauft wurde, wäre noch vorhanden. Doch der unglaubliche Kreisch-Pegel damals ließ mich schon ein wenig die Stirn runzeln. Was ist denn jetzt los? Seit wann stehen die kleinen Mädchen denn so auf Folkpop? Kurz darauf war Green dann Coverstar auf zahlreichen Magazinen, durfte sogar ein Buch mit seiner Penälerlyrik bei Suhrkamp veröffentlichen (!) und machte sich mit der berüchtigten Taschentuch-Aktion bei Konzerten nicht eben sympathischer. Und es dürfte mir sehr schwer fallen, das alles für das folgende Review auszublenden.

Man hätte es ja auch wissen können. Green war vorher mit Kimya Dawson der Songwriter bei den ebenfalls nicht besonders hellen Moldy Peaches. Was damals ein ausgeklügeltes Dada-Konzept für eineinhalb Alben und ein paar Songs über Pornovideos war, hätte bei Greens Solokarriere eigentlich anders werden können. Musikalisch wurde der Schritt zu mehr Ernsthaftigkeit mit Friends of Mine ja tatsächlich getan. So gut wie alle Songs haben ein unwiderstehliches Streicherarrangement und nicht eben uneingängige Melodien zu bieten. Greens Stimme ist, wie gesagt, eine durchaus ordentliche. Das zum objektiven Teil. Schwierig wird es, wenn man genau zuhört und sich dabei vorstellt wie er über die Bühne tänzelt. Zumindest mir geht es so, dass ich eine Platte nicht einfach isoliert von allem anderen, von dem Image des Künstlers und seiner Reputation anhören kann. Der Künstler erscheint ja unweigerlich vor dem inneren Auge (mit seinem Pseudo-Schlafzimmerblick! ARGH!!). Ich will hier aber nicht alles niedermachen, denn zugegeben hat mir die Platte sogar mal sehr gefallen. Und Songs wie Bluebirds, Broken Joystick oder der Fast-Schon-Klassiker Jessica haben auch tatsächlich noch die Melodien die mich dazu motivieren könnten, nochmal weiterzuhören. Aber dann kommt gleich so komprimierter Unfug wie No Legs, über die "Liebe" zu einer beinlosen Frau ("there's no wrong way to fuck a girl with no legs, just tell her you love her as she's crawlin' away") und zieht die Nervschraube nochmal fester. Das ist nicht nur nicht lustig, sondern auch ziemlich geschmacklos. Nun kann man mir natürlich Humorlosigkeit unterstellen, aber muss ich mir so einen Stuss wirklich geben? Mein Vater hat ihn nach dem Konzert nur als "abgehalfterten Clown" bezeichnet und ich glaube, damit trifft er es ziemlich genau. Nur, will man wirklich eine halbe Stunde einem Clown zuhören? Auf Platte? Und dass Sojemand tatsächlich ein Buch (ich sag es nochmal!) veröffentlichen darf, schlägt dem Fass den ohnehin dünnen Boden aus. So gibts von mir die bisher schlechteste Wertung der CGV-Geschichte und den Rat, einen weiten Bogen um dieses Album zu machen. Ich hasse Comedy-Platten. ;-)

Dabei ist die Aufmachung des Vinyl eine durchaus schöne. Die Hülle fühlt sich irgendwie gut an in der Hand und es gibt sogar ein bedrucktes Inner Sleeve. Der Klang ist auch gut...nur schade, dass die Vinyl Punktzahl hier höher ist als die der Musik...

Rating - 4 / 10
Vinyl-Rating - 8 / 10

- CGV -

Dienstag, Mai 02, 2006

Various Artists - Lost in Translation OST

Various Artists - Lost in Translation OST

(2004 / Electro Records / 12" Vinyl)

Das Rezensionsbild muss heute leider etwas kleiner ausfallen als gewohnt, denn selbst gewissermaßen holprige Google-Bildersuchen nach Begriffen wie "Scarlett Ass" haben mich nicht zum großformatigen Bild der LP gebracht, die ich heute rezensieren möchte, sondern nur dieses Kleine hier ausgespuckt. Grund dafür: Die Platte gibts mit 2 verschiedenen Covern, wovon das Standard Lost in Translation-Motiv (Bill Murray sitzt auf Bett) anscheinend das Verbreitetere ist. Unterschiede gibts ansonsten keine und ich habe auch zugegebenermaßen etwas verdutzt geguckt als mir auf einmal dieses Cover aus dem Pappkarton entgegenschaute. Für ganz Ahnungslose: Lost in Translation ist ein Film von 2003 in dem Bill Murray als abgekarterter B-Action-Movie-Star Bob Harris in Japan "strandet" um einen lukrativen Werbejob (Suntory Whiskey) wahrzunehmen. Vom Jetlag gebeutelt und von der Sprachbarriere verstört flüchtet er sich schließlich mit Hotel-Bekanntschaft Charlotte (Scarlett Johannson) in das Nachtleben von Tokyo. Eine ganz simple Geschichte eigentlich, die vom Zusammenspiel ihrer Hauptdarsteller, den traumhaften Bildern der Stadt und natürlich (wie fast alle seiner Filme) vom Minenspiel Bill Murrays lebt. Eigentlich perfekt, denn es wird sowieso kaum gesprochen, die Sprache steckt vielmehr in den einzelnen Einstellungen und den dazu gewählten Songs. HA! Songs! Und da sind wir schon beim eigentlichen Thema. Selten war Musik so wichtig für einen Film. Selten funktionierte der Soundtrack auch ohne den Film so gut. Aber bei Lost in Translation ist das alles sowieso etwas anders. Gewöhnlicherweise veröffentlicht man bei Soundtracks getrennt voneinander den Score, also die Musik, die am häufigsten im Film vorkommt um die Atmosphäre zu unterstützen und eben den OST (Original Soundtrack) auf dem dann ein paar "echte" Bands randürfen, von denen sich der ein oder andere Song auch im Film wiederfindet. Bei Lost in Translation verließ man sich aber bereits von Anfang an ausschließlich auf Künstler die dafür bekannt sind, eine besondere Atmosphäre aufzubauen. Und so kann man sich dem Soundtrack auf mehrere Arten nähern: als sphärische, begeisternde Band-Compilation oder als erneute Reise durch den Film, bei der die Bilder sowieso automatisch vor dem inneren Auge erscheinen.

In der Presse wurde der Soundtrack ja schon lange vor Erscheinen abgefeiert. Grund dafür war das Wiederauftauchen von Ex-My Bloody Valentine-Mastermind Kevin Shields auf dem Musikschirm (was ja so genaugenommen auch nicht stimmt, siehe XTRMNTR-Review). Und tatsächlich steuert er hier 4 kleine aber feine Beiträge bei. Der Beste, City Girl, ist auch gleich der Opener (nach einer kurzen Durchsage auf dem Tokioter Flughafen) und klingt wie ein entkernter My Bloody Valentine-Song - wobei wir hier den Kern hören. Nur noch wenig lässt den einstigen Noise-König erkennen, sehr simpel und minimalistisch, aber gleichzeitig ist dieser Song so dermaßen charakteristisch und schön, dass man sofort niederknien möchte (Er ist wieder da!!). Die 3 anderen (instrumentalen) Kompositionen Goodbye, Ikebana und Are you Awake? haben einen gewissen Home-Recording-Charme. Die könnte jeder von uns zuhause mit einem Keyboard zusammenbasteln (Könnte! - wenn man ein veritables Genie ist wie Shields ;-) ). Alles in Allem wahrscheinlich nicht die phänomenale Rückkehr die sich die Kritiker gewünscht hätten, aber im Kontext dieses Filmes und dieses Soundtracks eine unglaubliche Bereicherung bei der man merkt, wie sehr Shields den Streifen lieben muss. Brian Reitzel & Roger J Manning Jr sind die beiden Original Soundtrack Komponisten des Filmes und ebenfalls eine Konstante auf diesem Soundtrack. Sie steuern mit On the Subway und Shibuya 2 Beiträge mit äußerst einlullendem 80er Synthie-Charme bei. Gleiches gilt für den mir vorher unbekannten Sebastian Tellier und den Warp Records-Frickel-Techno-Jazz-Wieauchimmer-Helden Squarepusher. Um sein Tommib zu lieben, muss man vielleicht die zugehörige atemberaubende Filmszene gesehen haben, denn obwohl sich mir seine übliche Musik noch nicht ganz erschlossen hat - seit diesem Track hat er ein Plätzchen in meinem Herzen sicher. Die britischen Dance-Bastler Death in Vegas steuern das krachige, verrauschte Girls bei und schließlich kommt mit Sometimes nochmal ein alter My Bloody Valentine-Hit zu Ehren. Es fällt auf wie lückenlos hier alles ineinander übergeht und wie gut alles passt! Peaches' Fuck the Pain away, im Film prominent eingesetzt, gibts hier wohl aus Dramaturgiegründen nicht zu hören - sehr gut! Zwischendurch lockern Phoenix alles nochmal auf und es gibt tatsächlich doch noch eine japanisch singende Band zu hören: Happy End! Und wenn zum Abschluss dann tatsächlich nochmal die altehrwürdigen Jesus and the Mary Chain auftauchen und ihren über 20 Jahre alten Track Just like Honey nicht an den Anfang eines lauten Albums (Psychocandy), sondern ans Ende eines wunderbaren Films stellen und ihm damit nach all den Jahren ein völlig neues Gesicht geben, weiß man, dass hier wohl jeder alles richtig gemacht hat. Wenn man einen Soundtrack haben sollte, dann wohl diesen hier. Und auch wenn es strittig ist, wie die einzelnen Tracks zu bewerten wären, geht es mir hier doch vorallem um die Kompilation der Einzelnen. Und die verdient von mir eine glatte, sehr sehr subjektive, 10!

Wie gesagt, die Platte gibt es wohl in 2 Variationen, Die Bill Murray-Variante habe ich mal im Laden in der Hand gehabt, wo sie sich nicht sonderlich von meiner zu unterscheiden schien. Und die ist auch so nicht besonders spektakulär. Es gibt einen dicken Pappschuber mit allerhand Szenenbildchen darauf, nichts weiter eigentlich. Hört sich aber sehr gut an alles!

Rating - 10 / 10
Vinyl-Rating - 7 / 10

- CGV -

Montag, Mai 01, 2006

I pick Things up, I am a Collector - Part 2

Übers Vinyl sammeln

Schallplatten sind für mich irgendwie "näher" an der Musik. Wenn man das erste mal eine echte Schallplatte auflegt, möchte man nicht mehr zur CD zurück. Gut, die CD hat einige Vorteile: man kann schnell zwischen den Tracks hin- und herspringen, brauch nicht nach der Hälfte umdrehen und hat alles klein und praktisch zusammen. Aber wenn man sich die erste Platte gekauft hat, möchte man kein Plastik mehr. Wie schon in den letzten Kommentaren angedeutet bin ich aber nicht selber drauf gekommen, sondern musste quasi erst zum Licht geführt werden. Ende 2002 kam es dazu, dass sich mein Wusel aus mir schleierhaften Gründen einen Plattenspieler zulegte (auch nachzulesen in den Kommentaren zu Part 1) und irgendwie habe ich mich dann mitreissen lassen. Irgendwie haben mir die großen Cover ja schon immer gefallen und ich dachte, ich müsste eine nächste Stufe erreichen was das Musikhören angeht. Meiner Meinung nach bringt Vinyl nämlich eine gewisse Ernsthaftigkeit in eine Musiksammlung. Wird eine CD Sammlung nämlich früher oder später von dämlichen Samplern und kostenlos mitgegebenen Burger King-Shape-CDs abgewertet, kann einem das mit Vinyl nicht so schnell passieren - da wird heutzutage nämlich nicht mehr jeder Mist drauf gepresst.

Ich weiß gar nicht genau, was denn dann wirklich meine erste Platte war. Ich glaube ich habe die erste Audioslave und die Quiet is the new Loud von den Kings of Convenience im Dropout Records gekauft. Eigenartiger Laden war das damals für mich (und eigentlich auch heute noch): der ständig präsente Kiffergeruch (es gibt quasi keine Raumtrennung zum angrenzenden Head-Shop), die mürrischen Verkäufer und die mehr als posermäßigen Bandzeichnungen an den Wänden. Trotzdem habe ich mir hier und im Zentralo(h)rgan (laut billigem Dresden-Stadtführer ein Mekka für Fans von DDR-Schallplatten...lol) unzählige wichtige Platten zugelegt. Aber meine allererste Platte hatte nochmal was mit Wusel zu tun. Man muss dazu wissen, dass es Ende 2002 so langsam ernst für uns wurde. Die Phase des anfänglichen Online-Beschnupperns war langsam vorbei und irgendwie musste jetzt mal ein nächster Schritt kommen. Was kam da gelegener als Weihnachten? Als Geschenk musste es schon was ganz Besonderes sein, etwas, mit dem ich selber sehr viel verbinde und was auch ihr gefallen könnte. Als sie ihr Päckchen dann aufmachte, strahlte ihr die Souljacker von den Eels entgegen. Und da ich selber so beeindruckt war von diesem tollen, stabilen Hochglanzcover, beschloss ich, gleich selber meine CD-Ausgabe einzutauschen und mir die Platte selber nochmal zu bestellen. Dass wir später tatsächlich zusammenwohnen und evtl doppelte Exemplare haben könnten, das war zu diesem Zeitpunkt zwar ein Wunsch, aber doch noch etwas zuviel für meine kleine Vorstellungskraft!

Und wenn man irgendwann mitkriegt, woraus Vinyl kaufen eigentlich alles bestehen kann ist man sowieso nicht mehr zu stoppen. Plattenläden, Online-Bestellungen, Plattenbörsen, Flohmärkte, 2nd Hand Läden, Seltene Pressungen auf Konzerten kaufen, 7" Kollektionen, Bandsammlungen vervollständigen auf der ewigen Suche nach der letzten vergriffenen Single, Bootlegs, LP Beilagen, ...