Clear Green Vinyl

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The question isn't "What are we going to do?", the question is "What aren't we going to do. (Ferris Bueller)

Donnerstag, März 02, 2006

Sleater-Kinney - The Woods

Sleater-Kinney - The Woods

(2005 / Sub Pop / 2 x 12" Vinyl)

Das Jahresresümee des Rolling Stone für 2005 war ziemlicher Unsinn. Neben ein paar fragwürdigen Platzierungen in den Jahrescharts, lassen einen Listen wie die "schwulsten Momente des Jahres" schonmal die Nase rümpfen. In einer Hinsicht ist dem Ganzen aber nichtsmehr hinzuzufügen: Der Aufnahme von The Woods in die 25 besten Platten des Jahres (Platz 19!) und der Bemerkung, das Album klänge wie ein "übersteuertes Led Zeppelin-Bootleg". Höchstens noch die Feststellung eines Users auf Sonicyouth.com: "Thats how a guitar should sound like!". Mein Einwurf dazu wäre, dass The Woods eines der Alben ist, für die man seine hellhörige Mietwohnung aufgibt und sich in einer verlassenen Waldhütte einnistet um das Album endlich in gebührender Lautstärke hören zu können.

Die White Stripes haben es ja vorgemacht: die Integration von Bluesstandards in moderne Rockmusik. Ganz diesen Kurs fahren Sleater-Kinney dabei zwar nicht, doch eine gehörige Portion Sixties-Appeal lässt sich nicht verstecken. Wo die Stripes sehr reduziert und minimalistisch zu Werke gehen und das berühmte Rumpelschlagzeug eigentlich reicht um die Blues-Licks voranzutreiben, backen Sleater Kinney lieber nochmal 10cm Noise-Schnittkäse über die Sache und verstecken sich hinter verzerrten Vocal-Spuren und voll aufgedrehten Höhen. Naja gut, was heißt verstecken? Eine Sängerin die sich bereits im ersten Song, dem alles vernichtenden The Fox, mit einem mehr als beeindruckenden Vibrato in der Stimme in die Gitarrenspuren haut, versteckt sich vermutlich nicht wirklich. Überall scheppert es, eine zweite Stimme wimmert im Hintergrund, der Song bremst langsam ab. Was war das? Anlage kaputt oder was? Wieso rauscht das so?! Man möchte den Produzenten umarmen für diese Glanzleistung! Nächster Song: Wilderness. Die von mir geliebte 2-Kanal-Gitarren-Abmischung (eine Gitarre in der linken-, eine in der rechten Box - auch nachzuhören z.B. auf Sonic Youth's Dirty) macht hier erstmal deutlich wie wunderbar sich die Band die Bälle zuspielt - ok Sleater-Kinney spielen auch schon eine ganze Weile zusammen, haben unzählige (ok: es sind 7!) Alben miteinander aufgenommen - trotzdem! Ein rückwärts abgespieltes Gitarrensolo bei Whats Mine is Yours - wann gab es sowas das letzte mal seit Hendrix? Sicher, die Band bedient sich alter Tricks, hat aber einen derartigen Charme und eine Kraft, dass man ihnen selbst die plumpste Kopie nicht übelnehmen würde. Kann man auch gar nicht, denn die Songs sind dermaßen clever arrangiert, dass mir erst gar keine Kritik einfällt. Der Wechsel zwischen weiblicher Betroffenheits-Lyrik und dem unglaublichen Melodiebogen den Sängerin Carrie Brownstein daraufhin herrausschreit in Jumpers ist einer der vielen Beweise dafür. Diese ganzen Details im Sound die man erst nach etlichen Durchläufen bemerkt! Und im besinnlichen Modern Girl schließlich noch die bitterste Textzeile des letzten Jahres "my whole life looked like a picture of a sunny day!". Außerdem gibt es tonnenweise einprägsame Melodien und noch-mal-bitte!-Momente an jeder Ecke. Schade ist nur, dass Sleater-Kinney ihr größtes Versprechen leider nicht ganz einlösen: Let's call it love. Beim Blick auf die ehrfurchterregende Länge von 11min und den ersten, Großes versprechenden, Gitarrenklängen läuft man schon fast über vor Freude. Leider kann das Stück die Erwartungen aber nicht ganz erfüllen. Als 4min-Song - Grandios! Aber auf 11 Minuten gestreckt lässt es die Aufmerksamkeit das ein oder andere mal abschweifen - dafür passiert einfach nicht genug. Bloß gut, dass sie sich das geniale Night Light (selten klang ein Song so dermaßen nach seinem Titel!) als Schlusslicht aufgespart haben und nochmal alles auf den Punkt bringen, was das Album ausmacht: Leidenschaft, enorme Spielfreude und einen Sound nah an der Perfektion!

Bei der Vinyl-Aufmachung von The Woods hat man sich nicht lumpen lassen. Dickes Klappcover (Innen gibts nochmal die Bandmitglieder zu sehen) und ein bebildertes Lyric-Sheet sind bei mir ja fast schon Pflicht um über 7 Punkte zu kommen. Das wahre Highlight ist hingegen das Vinyl selber: eine dunkelrote und eine dunkelgrüne Platte mit jeweils ausgezeichneter Pressqualität gibts hier zu sehen / hören. Auf Seite 4 gibt es statt Musik eine hübsche Gravur, oder vielmehr einen Druck zu sehen - soll einen Baum-Querschnitt passend zum Albumtitel darstellen. Sehr liebevoll und auch noch sowas von günstig das Ganze (12,50€ derzeit bei flight13.de)!

Rating - 9 / 10
Vinyl-Rating - 8,5 / 10

- CGV -

2 Comments:

At 12:30 AM, Anonymous Anonym said...

Der Ersteindruck des Albums ist wie geasgt sehr gut! Und es wird, wie gesagt, wahrscheinlich mit mein nächstes Vinyl. Ahhhahahahah...Night Light...*quietsch*

 
At 8:34 AM, Anonymous Anonym said...

Noch was:
Du hättest ruhig das Vinyl-Rating etwas höher ausfallen lassen können. Die Idee der 1 1/2 LP is schon richtig witzig :) Vorallendingen der nette Baumstamm-Druck.

 

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