Clear Green Vinyl

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The question isn't "What are we going to do?", the question is "What aren't we going to do. (Ferris Bueller)

Montag, Februar 20, 2006

Sonic Youth - A Thousand Leaves

Sonic Youth - A Thousand Leaves

(1998 / My So-called Records / 2 x 12" Vinyl)

Das wievielte Sonic Youth Album A Thousand Leaves denn nun ist? Keine Ahnung! Wenn man die millionenfachen EP's, Soundtracks, das Sonic Death-Livealbum und das Best of der Blast First Labeljahre Screaming Fields of Sonic Love weglässt, sollte es das 11te sein. Das ist halt so Ansichtssache. Fest steht aber, sie waren niemals zuvor und auch nie mehr danach so reif, so erwachsen, so im Jazz verwurzelt. Bei näherer Betrachtung könnte man es fast als konservatives Album betrachten. Natürlich nicht konservativ im Folk-Sinn. Oder gar im politischen. Eher konservativ in der Instrumentierung, in der Gemäßigtkeit der Aufnahmen. Klar befindet sich auch hier der ein oder andere Rocker, zu dem sich Sonic Youth (manchmal muss man sagen leider) seit Goo und Dirty offenbar verpflichtet fühlen. Doch größtenteils dominieren die leisen Töne, die langen Improvisationen, die ausgeklügelten Arrangements. Und diesmal wollen diese Tracks einfach nicht nach den Straßen New Yorks klingen (wie z.B. noch mustergültig auf Daydream Nation), sondern erinnern eher an einen stickigen, dampfenden Südstaaten-Moor, nach Erinnerungen an Blues und New Orleans Jazz.

Ausgerechnet der erste Track ist dann aber doch dermaßen von der Rolle, dass er eigentlich so gar nicht zum Rest des Albums passen will. Contre le Sexisme ist eigentlich nur eine Vocal-Improvisation getragen von...ja was? Geräuschen! Könnte glatt von einer der SYR-EP's stammen, welche die Band in diesen Jahren in Eigenvertrieb unter das Volk brachte. Doch so befremdlich der Song wirkt (Freunde der Dirty-Ära werden schon die Ohren angelegt haben), er ist der perfekte Opener für das Nachfolgende. Sunday haut anschließend plötzlich so beherzt in die Saiten, dass man sich wundert, dass die besungene Alltagstragik, die Hassliebe zu Sonntagen, die besungene Melancholie trotzdem 100%ig glaubhaft bleibt. Der anschließende Noise-Ausbruch bleibt gemäßigt, regt höchstens das Tanzbein, verblüfft mit Rhytmik - was ist hier nur auf einmal los? Das war dann auch schon quasi das Pop-Wunder von A Thousand Leaves.

Bleiben noch die erwähnten Rocker (French Tickler, The Ineffable me) welche im Kontext zwar einigermaßen deplaziert wirken, einzeln aber natürlich trotzdem Spaß machen, sowie die Herzstücke des Albums. Wenn ich von den Herzstücken spreche meine ich Wildflower Soul, Hoarfrost, Hits of Sunshine, Karen Koltrane und Snare Girl. Sonic Youth ist jetzt nicht unbedingt die Band, die mit gefühlvollem Songwriting und emotionalen Texten berühmt geworden ist. Sie waren eher Die, welche Noise aller Art ein Stückchen in Hörweite der Pop/Rockmusik geschoben haben. Damit meine ich keineswegs, dass die Band ein emotionaler Eisklotz war. Wish Fulfillment, Winner's Blues oder Little Trouble Girl waren in der Vergangenheit gute Beispiele für tiefergehende Songs. Doch so umfassende Manifeste wie Hoarfrost (welches dabei noch etwas kühl klingt) oder Hits of Sunshine (welches dann entgültig die Fensterläden aufreißt und in der Morgensonne tief Luft holt) gab es vorher nie. Und bei aller Liebe zu den Nachfolgern NYC Ghosts & Flowers (dessen überwältigende Qualitäten jedoch woanders liegen) und Murray Street - solche Gefühle gab es auch danach nichtmehr. Man hat fast das Gefühl sich an der Platte wärmen zu können.

Sicher man kann die Platte auch anders hören. Man kann die langgezogenen Songs bemängeln (Hits of Sunshine bringt es auf über 11min) oder finden, dass sie genau die richtige Länge haben. Man kann damit argumentieren, Sonic Youth wären früher viel visionärer, viel aufregender gewesen oder aber man liebt einfach die neue Entspanntheit, das sich-nichts-mehr-beweisen-müssen. Für Jene, die offen sind und die Fusion von Impro Jazz und Noise-Rock hören wollen und die Komplexität der neuen Sonic Youth schätzen, kann diese Platte aber nur ein Meilenstein sein.

Zur Vinyl Ausgabe gibt es leider nicht allzuviel zu sagen. Während die CD auf dem Major Geffen erschien, wurde das Vinyl in mittlerer Auflage vom Label des Drummers Steve Shelley My So-Called Records selbst gepresst. Das führt zur etwas irritierenden Beschriftung syr#3 auf der Rückseite - ein Hinweis, dass es die dritte Eigenveröffentlichung der Band ist - dumm nur, dass die eigenständige EP-Serie ebenfalls eine SYR 3 beinhaltet. Aber egal. Bei der Aufmachung des Vinyls hat man leider auf ein Klappcover verzichtet (dabei zählt das Washing Machine Vinyl-Klappcover von 1996 zu meinen Design-Highlights überhaupt!) und beide LP's in einen kleinen Pappschuber gepresst. Dazu gibts noch ein unspektakuläres Lyric-Sheet (eine Seite großformatiges Foto, andere Seite kleinformatige Schrift) welches immerhin in der CD-Ausgabe fehlt. Leider kommt es durch das Rein- und Rausziehen der Platten zwangsläufig zu kleinen Abnutzungen der Pappe - ist einfach keine gute Lösung für Doppelvinyl. Die Pressung an sich ist aber eine Feine.

Rating - 10 / 10
Vinyl-Rating - 6 / 10

- CGV -

1 Comments:

At 7:16 PM, Anonymous Anonym said...

ohh, is ja niedlich: ein bällchen!! :D

 

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