Clear Green Vinyl

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The question isn't "What are we going to do?", the question is "What aren't we going to do. (Ferris Bueller)

Mittwoch, Mai 09, 2007

Yo La Tengo - Summer Sun

Yo La Tengo - Summer Sun

(2003 / Matador / 2 x 12" Vinyl)

Die liebsten Platten sind mir eigentlich die, die klingen als wären sie in einer kleinen Waldhütte aufgenommen wurden. Oder die wirken, als würde die Band im Nebenraum aufnehmen. Also sozusagen Rock-Kammermusik! Bonnie Prince Billys The Letting Go ist z.B. so eine. Oder die And all that could have been-Bonus Disc Still von den Nine Inch Nails. Und obwohl Summer Sun gar nichts von der Seelenstriptease der beiden genannten Alben hat, schaffen es Yo La Tengo hier mit jedem Song, eine unglaublich intime Atmosphäre aufzubauen. Sie bleiben eher unauffällig, tauchen unter - was fast bezeichnend ist für ihre ganze Karriere, denn diese Band gibt es tatsächlich schon seit 1984! Und? Wer kennt sie? Still und heimlich veröffentlichen sie seit einigen Jahren Klassiker für Klassiker und kaum jemanden kümmerts! Ihr 1997er Aufbruch in die Stilvielfalt mit I can hear the Heart beating as One (vorher konnte man die Band um das Ehepaar Georgia Hubley und Ira Kaplan schon eher als klassische Noise-Rock-Truppe deklarieren) öffnete zwar viele Ohren (vorallem die der Kritiker), doch insgesamt blieben Yo La Tengo zu unscheinbar um irgendwo außerhalb ihrer devoten Fanbase Aufmerksamkeit zu erregen. Zum Reinhören empfehle ich allerdings auf jeden Fall das aktuelle, etwas beherzter zupackende Album I'm not afraid of you and I will beat your Ass, vor allem das wunderschöne I feel like going home und das absolut absolut absolut unglaubliche Pass the Hatchet, I think I'm Goodkind.

Und wenn man sich diese beiden Tracks anhört, erkennt man eigentlich auch gleich den (eventuellen...) Nachteil an der riesigen Stilvielfalt die die Band besitzt. So kann auf eine Piano-Ballade nach der man sich am liebsten begraben lassen möchte, durchaus ein funkiger Hüftenschwinger mit Fallsettgesang folgen - und so sehr ich das auch schätze, es ist dann eben nicht immer so harmonisch wie es sein könnte. Schlüssiger ist da Summer Sun, setzt das Album doch fast ausschließlich auf ruhige, irgendwie hypnotische Songs. Viel viel Hall, endlose Wiederholung der rhytmischen Schemen zu breiigen Gitarrensoli und natürlich der überaus schläfrige Gesang der beiden (Nicht-)Sänger Ira und Georgia machen das ganze zu einer ziemlich psychedelischen, ja irgendwie fast schläfrig machenden Reise. Das Ganze fühlt sich an, wie wenn man in der Heuschnupfen-Zeit mit (pardon) verkrusteten Augen aufwacht, sich stöhnend aus dem Bett schält, die Jalousien hochmacht und sich am frühen morgen von der Sonne röntgen lässt. Hmmm...das klingt jetzt doch schon etwas negativ! Dabei beginnt das Album nach dem, tatsächlich etwas zähen, Intro Beach Party Tonight mit dem flotten Little Eyes. Und trotz einer wirklich eingängigen Melodie und allem was dazu gehört, merkt man sofort, dass das Album einen herausfordern wird. Dass das erst der erste Akt ist auf einer Platte, die einem Titel wie How to make a Baby Elephant float an den Kopf knallt, durchaus nicht vor ellenlangen (!) Instrumentalpassagen zurückschreckt und kurz vor schluss noch mal einen über 10minütigen Free-Jazz-Track rausholt. Doch die erste der beiden Platten ist eher beschaulich! Mit Nothing But You and Me folgt ein ruhiger Ira-Track der allerdings eher nicht zu den Highlights des Albums gehört. Da schon eher das Dreigespann aus Season of the Shark mit seinen grandiosen 60s-Harmonien, Today is the Day, dass in einer früheren EP-Version zwar noisiger und druckvoller daherkam, hier aber deutlich durchschlagender mit Schlafzimmerstimme und Slide Guitar (ein Instrument, dass seine Wirkung nie verfehlt!) betört und Tiny Birds, einer länglichen, von Bassist James McNew gesungenen Gitarrensinfonie (so muss man es jetzt einfach mal nennen!). Auf den folgenden Stücken verstärken sich Yo La Tengo um diverse Heimorgeln und hauen einige ultrarythmische und relativ kurze Stücke raus die irgendwie sehr vergänglich wirken. Liest man allein die Titel, fällt die Zuordnung doch relativ schwer - hört man aber die ersten Takte fällt einem erstmal auf wie lang der Song einen bereits begleitet hat, wie oft er Teile des Altags bereichert hat in dem er plötzlich (z.B. beim Laub kehren) wieder im Gedächtnis aufgetaucht ist und einen an Sonnenstrahlen erinnert die vielleicht gerade im Moment nicht zu sehen sind. Georgia vs Yo La Tengo ist so einer, Winter A-Go-Go ein anderer und Don't have to be so sad vielleicht der schönste! Wie einem hier der Text ins Ohr geflüstert wird, das rückwärts abgespielte Schlagzeug immer wieder um sich selbst kreist und am Ende die eigentlich unspektakuläre aber doch irgendwie befriedigende Lead-Gitarre ihren Weg aus dem Soundmatsch findet, gehört einfach zu den ganz großen Momenten. Und wenn Let's be still anschließend nochmal an die besten Momente aus Sonic Youths Free City Rhymes erinnert, auf einmal in ein absolut überzeugendes Klanggewitter aus besagten Free Jazz Bläsern und (absolut unnervigen) Flöten umschlägt und auf eine komische Art trotzdem sehr meditativ bleibt, versteht man auch das wissende Grinsen von McNew auf dem Cover. Und da es bei Yo La Tengo fast schon Tradition hat, versöhnliche Coverversionen (siehe My Little Corner of the World auf I can hear the Heart beating as One) ans Ende zu stellen, verdient sich als 13ter Track das von Georgia gesungene, wieder einmal wunderschöne, Big Star-Cover Take Care einen einsamen Ehrenplatz. Und danach kann man eine Wand anstarren und sich überlegen was man jetzt macht, mit diesen ganzen neuen Eindrücken und Inspirationen im Kopf.

Hier muss ich echt mal meine ausdrückliche Empfehlung für die LP-Ausgabe aussprechen (abgesehen davon, dass es natürlich immer die bessere Wahl ist eine Platte zu kaufen...)! Allein schon das tolle Cover in diesem Format zu haben rechtfertigt den Kauf. Dazu gibts noch ein absolut malerisches Innencover, dass ich mir einfach stundenlang anschauen könnte, das auf 2 Platten verteilte Album auf mittelschwerem Vinyl (vermutlich 160g) und natürlich die Gewissheit, dass man jetzt eins der besten Alben (jetzt ist es raus!) in tadelloser Klangqualität im Schrank stehen hat. Ich überlege mir schnell eine Wertung und vergebe mal...

Rating - 9,5 / 10
Vinyl-Rating - 9 / 10

- CGV -

4 Comments:

At 12:15 PM, Blogger damospace said...

Yo La Tengo wird oft von der Kritik hoch gelobt. Ich habe nur May I Sing With Me von der Gruppe, und diese CD hat mir anscheinend nicht gut genug gefallen, um mir mehr von Yo La Tengo anzuschaffen. Ich habe aber ein paar Titel von der Gruppe auf eine meiner finetune-Playlists (Schleichwerbung) aufgenommen...

 
At 1:19 PM, Blogger damospace said...

Kommentar #2: Du solltest endlich auf die neue Version von Blogger umsteigen, damit man dein Blog als RSS-Feed abonnieren kann...

 
At 6:12 PM, Blogger Clear Green Vinyl said...

hey du! schön dass du noch manchma hier liest :-) mich hat neuerdings mal wieder die lust am schreiben gepackt! die may i sing with me kenn ich nich, scheint aber ein älteres werk von ihnen zu sein (1992 wohl), muss ich mir bei gelegenheit mal anhören! du kannst ja mal in die summer sun reinhören und mir berichten wie sie dir gefällt!

mit blogger weiß ich jedenfalls nicht so recht! meine version läuft schon über n google konto und so aber ich hab andre keine möglichkeit irgendwas umzuschalten (ich nehme mal an du meinst auf die beta-version?)! oder wie meinst du das?

 
At 6:54 PM, Blogger damospace said...

Genau, auf die Beta-Version, die übrigens aus der Beta-Phase ist (am besten sicherheitshalber vorher alle Templates sichern). Der Vorteil der neuen Version ist vor allem dass man die Blogs mit RSS abonnieren kann und so über netvibes, google usw. sofort erfährt, wenn ein neuer Eintrag vorhanden ist, und ausserdem die Verwendung von Labels. Ansonsten ist MISWY tatsächlich aus dem Jahre 1992...

 

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